Die maßgeblichen Forschungsinstitute, Research-Abteilungen, Gutachterausschüsse, Statistiker und Marktbeobachter haben zum Jahresanfang ihre Zahlen zum Immobilienmarkt in Deutschland veröffentlicht. Die Ergebnisse sind aufschlussreich und ermöglichen einen Ausblick auf die weitere Entwicklung. Auch in diesem Jahr ist die Tendenz eindeutig: Die Immobilienpreise steigen weiter auf breiter Front – aber nicht mehr so dynamisch.
Berlin – Stadt der Möglichkeiten
Berlin ist eine moderne, leistungsfähige Metropole mit internationaler Ausstrahlung. Die rasante Entwicklung der vergangenen drei Jahrzehnte zeigt sich anschaulich in den Gegensätzen zwischen Herausforderungen und Chancen. Der Charme der prosperierenden Bundeshauptstadt liegt in ihrer Toleranz, Offenheit und kulturellen Vielfalt. Längst hat sich die ehemals geteilte Stadt ihren Stellenwert im Wettbewerb internationaler europäischer Metropolen wie Wien, Paris oder London zurückerobert.
Berlin zeichnet sich durch die zentrale Lage im Herzen Europas aus. Als politisches Zentrum mit bewegter – Geschichte steht Berlin für die politische Wiedervereinigung Deutschlands. Die Stadt ist Regierungssitz, Mittelpunkt zahlreicher Organisationen, Verbände und Medien, sie ist Zentrum wissenschaftlicher, kultureller und administrativer Institutionen sowie Treffpunkt für Wirtschaft, Politik und Kultur. Die Stadt ist ein Anziehungspunkt für die Kreativwirtschaft, Informations- und Kommunikationsbranche.
Die Zahl der Erwerbstätigen steigt in Berlin seit Jahren stärker als im Bundesdurchschnitt. Die Kaufkraft liegt derzeit immer noch unterhalb des Bundesdurchschnitts, weist jedoch ein hohes Potenzial auf. Die aktuelle Bevölkerungsprognose geht von einem Wachstum auf 3,925 Mio. Einwohner im Jahr 2030 aus.
Berlin macht auf sich aufmerksam – durch spektakuläre Projekte: Der Flughafen Berlin Brandenburg ist endlich einsatzbereit, die Siemensstadt 2.0 in Spandau eröffnet neue Perspektiven, der Potsdamer Platz wird umgebaut, und demnächst zeigt der Alexander Tower, ein Wohnhochhaus in unmittelbarer Umgebung des Berliner Alexanderplatzes neben dem Einkaufszentrum Alexa mit seinen 150 Metern Höhe, wohin die Reise geht – aufwärts. Das Gebäude wird bei seiner geplanten Fertigstellung im Jahr 2023 das höchste Wohnhochhaus Berlins und eines der höchsten Deutschlands sein.
Der Immobilienmarkt strebt von Rekord zu Rekord. Zwar hat die Pandemie auch in Berlin Spuren hinterlassen, aber das Interesse an Immobilien in Berlin ist weiterhin lebhaft bei gleichzeitig knappem Wohnungsangebot. Der Wohnungsbedarf liegt nach Angaben des Berliner Senats bis 2030 bei rund 20.000 Wohnungen pro Jahr. Der Bauboom der vergangenen Jahre hält mit dem Bedarf kaum Schritt.
Aber es gibt auch Hemmnisse: Kontroverse Diskussionen um Milieuschutzgebiete, Mietpreisbremse und Mietendeckel sorgen für Verunsicherung. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht den Mietendeckel gekippt, dennoch blieben einige Investoren zunächst zurückhaltend.
Preise für Wohnimmobilien in Deutschland im Jahr 2021
Die Grafik des statistischen Bundesamt zeigt deutlich die Entwicklung der Preise für Wohnimmobilien in Deutschland. Sie stiegen im 3. Quartal 2021 um durchschnittlich 12,0 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Dies ist zum zweiten Mal in Folge der größte Preisanstieg bei den Wohnimmobilientransaktionen seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000. Wohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser verteuerten sich gegenüber dem Vorquartal im Schnitt um 4,2 Prozent.
Häuserpreisindex (2015 = 100)
Ein besonders starker Preisanstieg ließ sich in den TOP 7 Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf beobachten. Dort stiegen die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen um 14,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal.
Immobilienmarktbericht 2021 der Gutachterausschüsse
(Quelle: Achim Scholty, Pixabay)
Der Arbeitskreis der amtlichen Gutachterausschüsse hat zusammen mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt-und Raumforschung (BBSR) den Immobilienmarktbericht 2021 für Deutschland vorgelegt. Danach zeigte sich der Markt für Wohnimmobilien von der Coronakrise unbeeindruckt. Die Investitionen in den Erwerb von Immobilien haben sich zwischen 2010 und 2020 verdoppelt. Der Geldumsatz erreichte wiederum einen Rekordwert von 310 Milliarden Euro, fiel jedoch deutlich geringer aus als in den Vorjahren. Während der Wohnungsmarkt weiter boomt, entwickelte sich der Markt für Wirtschaftsimmobilien verhaltener. Rund drei Viertel aller Immobilienverkäufe entfielen im Jahr 2020 auf Wohnimmobilien. Im Jahr 2015 hatte dieser Anteil noch bei knapp zwei Dritteln gelegen. Gegenüber dem Vorjahr stiegen die Investitionen in den Erwerb von Wohnimmobilien um sieben Prozent.
Für gebrauchte Ein- und Zweifamilienhäuser zahlten Käuferinnen und Käufer im Landkreis München mit durchschnittlich 11.220 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche am meisten. Der bundesweite Durchschnitt lag im Jahr 2020 bei 2.140 Euro pro Quadratmeter. Das waren 80 Prozent mehr als 2010 mit 1.190 Euro.
Gefahr von Immobilienpreisblasen steigt regional
In immer mehr Regionen und Marktsegmenten kommt es zu spekulativen Übertreibungen, insbesondere bei Eigentumswohnungen und Baugrundstücken in Metropolen wie Berlin, Hamburg und München. Dort, aber auch in anderen großen Städten, sind in den nächsten Jahren Preiskorrekturen in größerem Ausmaß möglich. Zu diesem Ergebnis kommen die Immobilienökonomen Konstantin Kholodilin und Claus Michelsen in einer aktuellen Studie, die im Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) erschienen ist.
Für die Studie haben die beiden Ökonomen auf Basis von Daten des Immobilienverbandes IVD die Entwicklung in den 114 größten deutschen Städten mit mindestens 50 000 Einwohner: innen unter die Lupe genommen. Dabei betrachteten sie nicht nur die Kaufpreise für Eigentumswohnungen und Eigenheime, sondern auch die Mieten. Während die Kaufpreise für Wohneigentum in diesem Jahr um durchschnittlich neun Prozent kletterten, stiegen die Mieten nur etwa halb so stark. Da Immobilienpreise langfristig an die Entwicklung von Mieterträgen und damit an die allgemeine Einkommensentwicklung gebunden sein sollten, deutet eine zunehmende Diskrepanz zwischen Mieten und Kaufpreisen auf Spekulationsblasen hin.
(Quelle: wal_172619, Pixabay)
empirica-Immobilienpreisindex verzeichnet Höchstwerte
Das Forschungsinstitut empirica veröffentlicht regelmäßig den empirica-Immobilienpreisindex, den empirica-Blasenindex und den empirica-Erschwinglichkeitsindex.
Danach sind im Durchschnitt aller Baujahre die Indices von Miet- und Eigentumswohnungen sowie von Ein-oder Zweifamilienhäusern im vierten Quartal 2021 weiter gestiegen und zwar für Eigentumswohnungen gegenüber dem vorigen Quartal um 2,9 Prozent und für Ein-und Zweifamilienhäuser sogar um 3,1 Prozent.
Die Mietpreise stiegen mit einem Wachstum von 1,2 Prozent gegenüber dem letzten Quartal zum wiederholten Male erheblich schwächer als Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser.
Die Indices neu gebauter Wohnungen bzw. Ein- und Zweifamilienhäuser erreichten im gleichen Zeitraum neue Höchstwerte: Eigentumwohnungen lagen um 2,6 Prozent über dem Niveau, neu gebaute Einfamilienhäuser um 3,3 Prozent. Der Zuwachs bei neu gebauten Mietwohnungen fiel mit 1,0 Prozent erneut am geringsten aus.
Höchster Anstieg der Baupreise seit 1970
Vor einigen Jahren galt der Bau eines eigenen, neuen Hauses noch als Alternative zum Kauf eines gebrauchten Hauses oder einer älteren Eigentumswohnung. Inzwischen sind die Baupreise jedoch ebenfalls so stark gestiegen, dass diese Option nur noch Bauherrn mit guter finanzieller Polsterung offen steht.
Baupreisindizes für Wohngebäude und Straßenbau (2015 = 100)
Die Preise für den Neubau von Wohngebäuden sind in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im November 2021 um 14,4 Prozent gegenüber November 2020 gestiegen. Dies ist der höchste Anstieg der Baupreise gegenüber einem Vorjahr seit August 1970.
Immobilienpreisentwicklung: Sonderstellung Berlin
Der Immobilienmarktbericht Berlin 2020/2021 des Gutachterausschusses zeigt die Besonderheiten des Immobilienmarktes in Berlin auf. Der mittlere Kaufpreis für eine Eigentumswohnung liegt inzwischen bei 4.735 Euro pro Quadratmeter und damit um sechs Prozent über dem Vorjahr. Der Berliner Mieterverein schimpft über die Politik: „Für eine 85 Quadratmeter große Eigentumswohnung müssen etwa 15
Jahresnettogehälter von einem durchschnittlich verdienenden Haushalt aufgebracht werden. (…) 45 Prozent der Berliner Haushalte verfügen nur über ein monatliches Einkommen von unter 2.000 Euro.“ Derzeit weicht die Nachfrage ins weite Berliner Umland aus, vorwiegend in Regionen mit einer guten Verkehrsanbindung an die Hauptstadt.
Der Immobilienmarkt in Berlin ist im Vergleich mit anderen Metropolen Deutschlands noch immer deutlich geprägt von der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung durch die Wiedervereinigung. Während Städte wie München, Frankfurt oder Hamburg sich über Jahrzehnte kontinuierlich entwickeln konnten, wurde Berlin aus seinem ehemals gebremsten Dasein geradezu heraus katapultiert. Diese außergewöhnliche Dynamik drückt sich bis heute in Zahlen aus.
Die Sonderstellung zeigt sich auch an der Nachfrage auf Immobilienangebote. Laut ImmobilienScout24 kommen in Berlin pro Inserat in einer Woche zwei Nachfragen auf ein angebotenes Neubauhaus (in Deutschland eine), fünf Anfragen auf ein Bestandshaus (in Deutschland 4), eine Nachfrage auf eine Neubaueigentumswohnung (in Deutschland ebenfalls eine) und drei Nachfragen nach einer Eigentumswohnung im Bestand (in Deutschland 5).
Miet- und Preisdynamik in Metropolen lässt nach
Während sich die Preisdynamik der Wohnungsmärkte in den Metropolen etwas abkühlt, zieht nun das Umland nach. Bei den Mieten konnte Leipzig nach Angaben von JLL Research als einziger Markt unter den Big 8-Städten (siehe Tabelle) im Jahr 2021 ein höheres Wachstum erzielen als im Fünfjahresvergleich. In Berlin ist der vergleichsweise große Anstieg durch den gerichtlich gekippten Mietendeckel bedingt. Die hohe Dynamik der Mietpreisentwicklung der vergangenen Jahre in den Big 8 und den sonstigen kreisfreien Städten geht zurück, periphere Standorte ziehen nach.
Stadt | Steigerung der Mieten in % | Miete/m²/Monat |
München | 1,7 | 20,90 |
Köln | 3,9 | 13,35 |
Frankfurt | -3,1 | 15,50 |
Düsseldorf | 0,0 | 12,00 |
Stuttgart | 0,0 | 15,00 |
>> Berlin | 4,1 | 13,85 |
Hamburg | 3,8 | 13,55 |
Leipzig | 5,3 | 7,90 |
(Quelle: JLL Research, Angebotsmieten Q2 / Q1 -2021)
Die Kaufpreise für Eigentumswohnungen in den Big 8-Städten stiegen 2021 weiter, aber im Spitzensegment lässt die Dynamik nach. Das Wachstum legte gegenüber dem fünfjährigen Durchschnitt teilweise deutlich zu, durchschnittlich um 11,4 Prozent. In den kreisfreien Städten ohne die Big 8 lag die aktuelle jährliche Zunahme bei durchschnittlich 12,5 Prozent. Die Preisdynamik der Peripherie schließt sich der Entwicklung in den Metropolen an.
Stadt | ETW-Preise Steigerung in % | Kaufpreis in Euro/m² |
Leipzig | 20,2 | 3.100 |
Düsseldorf | 14,0 | 5.060 |
München | 12,7 | 9.750 |
Köln | 12,6 | 5.000 |
>> Berlin | 11,6 | 5.560 |
Hamburg | 7,8 | 6.210 |
Stuttgart | 7,2 | 5.330 |
Frankfurt | 5,3 | 6.900 |
(Quelle: JLL Research)
Ausblick auf die Zukunft der Immobilienpreisentwicklung
Die Preisdynamik von Eigentumswohnungen und Häusern zum Kauf in Deutschland nimmt insgesamt weiterhin zu, zeigt sich jedoch je nach Lage und Region differenziert.
Bei Eigentumswohnungen prognostiziert ImmoScout24 aufgrund der anhaltend hohen Nachfrage und der gestiegenen Baukosten bundesweit einen Anstieg der Angebotspreise von 13 Prozent für die kommenden zwölf Monate. In den Metropolen steigen die Preise prozentual nicht mehr so stark wie in den restlichen Regionen von Deutschland. In Frankfurt am Main werden die höchsten Preissteigerungen mit elf Prozent erwartet, gefolgt von Berlin, Düsseldorf und Köln mit jeweils neun Prozent. Das Angebotsniveau in den Metropolen ist jedoch deutlich höher als im bundesweiten Durchschnitt.
Bei Einfamilienhäusern in Berlin ist wegen des vergleichsweise niedrigen Preisniveaus und der hohen Nachfrage das größte Preiswachstum zu erwarten. Die Preissteigerung wird voraussichtlich 16 Prozent betragen und damit über der bundesweiten Preisentwicklung von elf Prozent liegen.
Wie sich die Kaufpreise in Zukunft entwickeln, hängt von vielen Faktoren ab. Solange die Zinsen niedrig bleiben, werden die Immobilienpreise weiter steigen. Die derzeit hohe Inflationsrate könnte die Europäische Zentralbank EZB jedoch bald dazu veranlassen, eine restriktivere Zinspolitik einzuleiten. Die damit verbundenen höheren Zinsen würden die Finanzierbarkeit von Immobilien für weite Kreise der Bevölkerung einschränken und auf längere Sicht die Preisentwicklung dämpfen. Gleichzeitig wird das politische Ziel der Klimaneutralität kostenintensive Neubauten und Umbauten im Bestand verursachen. Aus diesem Grund erwartet das Forschungs- und Beratungsinstitut bulwingesa weiter anhaltende Preissteigerungen.
Rechtlicher Hinweis:
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